Was ist Karma und wie wirkt es sich auf unser Leben aus? In dieser Folge schauen wir uns an, wie unser Karma sich in Form von Stimmen, die uns zu gewissen Entscheidungen führen wollen, bemerkbar machen kann.
In der letzten Folge haben wir erklärt, dass der Körper und der Geist oft unterschiedliche Dinge wollen. In der zweiten Folge dieses Podcasts, schließe ich an das Thema der ersten Folge an und frage mich: Warum haben wir eigentlich mehrere Stimmen im Kopf?
Selbst wenn wir den Körper mal nicht mit einbeziehen, haben wir trotzdem noch unterschiedliche Wünsche, Träume, Hoffnungen und Pläne, die alle in unserem Kopf um Gehör kämpfen.
Was ist Karma?
Wir alle kennen den sprichwörtlichen Engel und Teufel auf der Schulter. Meistens bleibt es allerdings nicht dabei und wir haben eher einen Engelschor, eine Teufelsmeute und noch ein paar andere Stimmen, die zusätzlich dazwischen schreien. Auf welche dieser Stimmen sollen wir denn nun hören, wenn wir eine Entscheidung treffen? Welche Stimme davon ist eigentlich unsere? Und wenn nur eine davon unsere ist, wer sind dann die anderen?
Der Buddhismus gibt darauf eine kurze Antwort: Karma. Da dieses Wort allerdings bei uns auf ziemlich viele Arten benutzt wird, werde ich jetzt erst mal erklären, was Karma im Buddhismus eigentlich ist. Danach wird offensichtlich, wie unser Karma sich in Form von Stimmen in unserem Kopf bemerkbar machen kann.
Karma hat im Buddhismus eine genaue Definition, die ich direkt aus dem entsprechenden Sutta übersetzt habe:
„Eigner und Erben ihres Wirkens sind die Wesen, ihrem Wirken entsprungen, mit ihrem Wirken verknüpft, sie haben ihr Wirken zur Zuflucht und sie werden das gute und das schlechte Wirken, das sie verüben, zum Erbe haben.“
Das und nichts anderes ist im Buddhismus mit Karma gemeint. Alles was wir tun, hat eine Auswirkung auf uns. Wir sind die Eigner, also die Besitzer unserer Handlungen. Wir sind auch die Erben unserer Handlungen, also wir formen unser Schicksal in Abhängigkeit von unseren Handlungen.
Wie kommen aber nun die Stimmen in unserem Kopf zustande?
Viel Karma, viele Stimmen
Karma hat nur sehr selten eine unmittelbare Auswirkung auf uns. Meistens sammeln wir mit einer Handlung heilsames oder unheilsames Karma und dieses wird sozusagen gespeichert und wartet darauf heran zu reifen. Jede einzelne unserer Handlungen generiert Karma, aber wir werden uns als Beispiel einfach mal eine Situation aussuchen.
Zum Beispiel rempelt uns im Bus, in der Bahn oder einfach in der Fußgängerzone jemand an. Wenn wir mal annehmen, wir sind noch ein karmisch unbeschriebenes Blatt, dann haben wir nun mehrere Möglichkeiten darauf zu reagieren. Schnauzen wir die Person an, dass sie mal aufpassen soll wo sie hingeht, sammeln wir unheilsames Karma.
Erkundigen wir uns nach dem Wohl des anderen und bekunden unser Bedauern, dass der Zusammenprall passiert ist, sammeln wir heilsames Karma.
Egal, wie wir uns entscheiden, wir sammeln damit Karma und dieses wartet, wie gesagt, darauf heran zu reifen. Um zu reifen benötigt es einen Nährboden. Dieser Nährboden ist eine Situation, die ähnlich ist wie die, in der wir das Karma gesammelt haben. Erleben wir so etwas wieder, versucht das Karma zu reifen und unser Handeln zu beeinflussen. Dieser Vorgang erscheint uns wie eine Stimme in unserem Kopf, die uns zu einer bestimmten Entscheidung leiten möchte.
Das Karma reift
In unserem Beispiel würde das bedeuten, dass wenn es mal wieder etwas enger ist und wir wieder angerempelt werden, dieses spezielle Karma aktiviert wird und versucht uns zu beeinflussen. Haben wir letztes Mal geschnauzt, wird das unheilsame Karma sich zu Wort melden und uns sagen: „Los beschwer dich, das ist ja eine Frechheit.“
Haben wir letztes Mal Mitgefühl gezeigt und gefragt, ob alles okay ist, meldet sich das heilsame Karma und sagt stattdessen: „Es ist viel los, keiner kann was dafür, schau mal ob alles passt.“
Laut Buddhismus werden wir so immer die Entscheidung treffen, die durch das schwerwiegendste Karma bedingt ist. So bestimmt unser Karma unsere Zukunft. Wenn davon die Rede ist, dass unheilsames Karma für eine Wiedergeburt in der Hölle sorgt, ist damit gemeint, dass wenn wir viel durch beispielsweise Wut bedingtes unheilsames Karma sammeln, unsere Handlungsoptionen immer geringer werden und wir irgendwann nur noch eine laute, wütende Stimme im Kopf haben.
Wenn diese eine Stimme unser Leben bestimmt, dann wird dieses mit der Hölle gleichgesetzt, denn es ist kaum mehr möglich unter diesen Umständen glücklich zu sein.
Dein Karma bewusst transformieren
Wir sind unserem Karma allerdings nicht hilflos ausgeliefert. Wir können unser Schicksal selbst in die Hand nehmen und ein paar der Stimmen in unserem Kopf so viel Kraft nehmen, dass sie nur noch ein leises, leicht zu ignorierendes Flüstern werden. Heilsames und unheilsames Karma können sich nämlich gegenseitig aufheben. Wenn wir, wie in unserem Beispiel, oft zu schimpfen begonnen haben, können wir gezielt gegen dieses unheilsame Karma ankämpfen.
Es gibt dafür viele Möglichkeiten, Meditation wäre aber eine der effektivsten. Zum Beispiel die sogenannte Meditation der liebenden Güte. Dabei wird ganz einfach der Wunsch trainiert, dass alle Lebewesen Glück verdient haben und dieses erfahren sollen. Da dieser Wunsch unvereinbar mit dem Beschimpfen anderer ist, wirkt dieses Training am Anfang erst mal so, dass es altes, unheilsames Karma auflöst und damit die Mecker-Stimme leiser wird. Anschließend wird neues heilsames Karma gesammelt. Üben wir lange genug diese Meditation, ersetzen wir die alte Stimme in unserem Kopf, die gesagt hat: „Los beschwer dich, das ist ja eine Frechheit.“ mit unserem neuen Meditations-Mantra: „Ich wünsche, dass alle Menschen glücklich sind“.
Kommen wir irgendwann mal wieder in die Situation angerempelt zu werden, haben wir nur noch ein leises Flüstern im Hinterkopf, das uns zum schimpfen bewegen möchte und eine sehr laute Stimme, die sagt, dass jeder glücklich sein möchte und weder ich fröhlich bin, wenn ich schimpfe, noch der andere, wenn er beschimpft wird. So können wir mit unserem Karma arbeiten und bestimmen unsere Zukunft, zumindest in Hinsicht auf unsere Zufriedenheit, selbst.
Das beste Karma, ist gar kein Karma
Als kleinen und tieferen Exkurs in den Buddhismus und der Vollständigkeit halber möchte ich noch eine Sache zum Thema Karma ansprechen.
Es gibt Handlungen, die heilsames Karma sammeln und andere, die unheilsames sammeln. Es gibt aber noch ein dritte Möglichkeit. Handlung die karmisch neutral sind. Diese letzte Kategorie ist, worauf ein Buddhist hin arbeitet.
Der erste Schritt dahin, ist unheilsames Karma auf zu arbeiten, denn dieses behindert das geistige Wachstum. Danach geht es weiter damit nur noch Handlungen zu begehen, die heilsames Karma generieren, denn das trägt zur geistigen Ruhe bei. Mit genug Training haben wir dann irgendwann mal immer nur noch eine Stimme im Kopf, die uns die heilsamste Entscheidung nahelegt.
Ohne die Ablenkung durch die widersprüchlichen Wünsche von vorher, können wir den letzten und schwersten Schritt machen. Dabei geht es darum zu erkennen, dass nur noch heilsames Karma zu sammeln zwar schon extrem gut ist, aber noch nicht das Ende des Erreichbaren. Wir können die buddhistische Lehre so weit verinnerlichen, dass wir automatisch heilsam Handeln ganz ohne vorher darüber nachdenken zu müssen. Ohne Vorsatz generieren wir kein Karma und ohne jegliches Karma wären wir dann tatsächlich frei.
Ich hoffe ich konnte den Begriff „Karma“ und dessen Verflechtung mit unserem Leben etwas klarer machen. Elisa erklärt nächstes Mal wie Karma neurobiologisch betrachtet werden kann und was in unserem Gehirn passiert, wenn wir Karma transformieren.
Wir freuen uns, wenn du nächsten Freitag wieder einschaltest, wo Elisa dir passend zu dieser Folge etwas zu Neuroplastizität erzählen wird.