Was bedeutet Neuroplastizität und wie kannst du diese für deine Persönlichkeitsentwicklung nutzen? In diesem Beitrag erfährst du woher deine automatisierten Handlungen kommen und wie du neue Gewohnheiten entwickeln kannst.
Wie der Autopilot in uns entsteht
Zu Beginn, möchte ich dir kurz erklären wie es dazu kommt, dass wir im Alltag meistens ganz automatisch auf gewisse Situationen reagieren. Vereinfacht ausgedrückt ist es so, dass wir als Kinder Erfahrungen machen, die unser Leben und damit auch unsere Persönlichkeit prägen. Wenn wir jetzt als Kinder bestimmte Dinge wiederholt erleben, dann entwickeln wir dadurch Muster und Gewohnheiten, die wir auch als Erwachsene beibehalten. Die Entstehung dieser Verhaltensweisen wird meistens in unserem impliziten Gedächtnis gespeichert. Das bedeutet, dass unser Gehirn sich diese zwar merkt, wir sie aber nicht bewusst abrufen können.
Darum handeln wir oft auf eine Weise, die für uns vielleicht komplett unverständlich wirkt, in unserem Gehirn allerdings absolut Sinn ergibt.
Bedeutet das jetzt, dass wir unseren kindlichen Erfahrungen komplett ausgeliefert sind und nichts mehr daran ändern können?
Die erfreuliche Antwort lautet: Nein!
Denn unser Gehirn besitzt eine wunderbare Fähigkeit, die sich Neuroplastizität nennt.
Du bist eher der visuelle Typ? Dann sieh dir den Beitrag gerne auch auf YouTube an:
Von Trampelpfaden und Autobahnen
Das klingt ja schon mal schön und gut, aber was ist diese Neuroplastizität denn nun eigentlich?
Unter Neuroplastizität versteht man die Eigenschaft des Gehirns sich immer wieder neu anpassen zu können.
Bevor ich weiter darauf eingehe, möchte ich gerne ein Gedankenexperiment mit dir machen:
Stell dir einmal vor dein Gehirn wäre ein riesiger Dschungel. Du stehst nun am einen Ende dieses Dschungels und versucht einen Weg auf die andere Seite zu finden. Anfangs wirst du dich vielleicht nur zu Fuß durchkämpfen und es wird ein wenig schwieriger sein, bis du ans andere Ende gelangst. Je öfter du aber diesen Weg hin und her gehst, desto mehr wird sich eine Art Trampelpfad entwickeln, der nun viel leichter zu begehen ist. Irgendwann hast du dann vielleicht auch das entsprechende Werkzeug, um sogar eine Straße oder eine Autobahn zu bauen, so dass es pupseinfach wird von A nach B zu kommen.
So in etwa kannst du dir das in deinem Gehirn vorstellen.
Wenn du als Kind anfängst neue Muster oder Verhaltensweisen zu erlernen, ist es zu Beginn noch etwas schwieriger. Du musst dich ja erst zu Fuß durch den Dschungel kämpfen. Je öfter du diese aber ausübst, desto einfacher und automatisierter laufen diese ab, ohne, dass du groß darüber nachdenken müsstest.
Das ist ja jetzt schön und gut zu wissen, bringt dir aber natürlich als Erwachsener nur wenig. Wie kannst du das jetzt für dich nutzen?
Und hier kommen wir wieder zurück zur Neuroplastizität!
Neuroplastizität: Wie das Gehirn sich neu strukturiert
Nehmen wir uns nochmal das Bild vom Dschungel her. Stell dir vor, du bist hier auf deiner Autobahn, die mitten durch den Dschungel führt und fährst ganz gemütlich die Straße entlang. Plötzlich siehst du, dass sich mitten im Dschungel etwas bewegt und du hast nun das Bedürfnis, dir das genauer anzuschauen.
Also steigst du aus deinem Auto aus und machst dich zu Fuß auf den Weg. Wie ganz zu Beginn ist es sehr schwierig sich hier fortzubewegen, aber es ist möglich! Und so gehst du weiter und weiter und bildest einen neuen Weg in deinem Dschungel-Gehirn.
Herzlichen Glückwunsch, du hast nun deine Neuroplastizität kennen gelernt!
Dass wir nämlich die Fähigkeit haben neue Wege zu bilden und auch aus diesen Autobahnen entstehen zu lassen, verdanken wir der Neuroplastizität unseres Gehirns.
Hier eine kleine und wichtige Anmerkung am Rande: Dass du neue Wege findest oder überhaupt den Impuls hast einen neuen Weg einzuschlagen, passiert natürlich nicht ganz so zufällig wie in unserem Beispiel. Hier geht es mir lediglich darum zu veranschaulichen, dass du nicht auf deiner Autobahn festhängst.

Neue Gewohnheiten entwickeln
Das Tolle ist aber, dass es hier noch nicht aufhört!
Vielleicht hast du schon mal beobachtet was passiert, wenn Menschen einen Ort verlassen: die Natur fängt an ihren Platz wieder einzunehmen.
Und so ähnlich funktioniert es auch in deinem Gehirn!
Wenn wir uns jetzt deine alte Gewohnheit ansehen, die du vielleicht ändern möchtest weil sie dir den Alltag erschwert, dann kannst du wie in unserem Beispiel deine alte Autobahn verlassen und einen neuen Weg wählen. Je weniger du die alte Autobahn nutzt, desto verwachsener und wilder wird sie mit der Zeit, bis sie wieder ein Teil des Dschungels geworden ist.
Mit dieser wunderbaren Fähigkeit ist es dir also möglich neue Verhaltensmuster zu entwickeln!
Karma und Neuroplastizität
Zum Schluss möchte ich jetzt kurz nochmal den Zusammenhang von Neuroplastizität und Karma herstellen. Wie Lorenz dir erklärt hat, gibt es heilsames und unheilsames Karma, das sich durch dein – aus buddhistischer Sicht – heilsames oder unheilsames Verhalten entwickelt.
Vereinfacht gesagt kannst du dir Karma wie deine innere Autobahn vorstellen, die du entwickelt hast und aus der du gewisse Handlungen oder Reaktionen ableitest. Wenn du eine unheilsame Autobahn stark ausgebildet hast, dann folgen auch automatisch unheilsame Reaktionen und es entstehen unheilsame Folgen.
Lorenz hat in der letzten Folge das Beispiel gebracht auf welche Weisen du reagieren kannst, wenn du von jemandem angerempelt wirst. Zwei mögliche Reaktionen sind z.B. Wut oder Mitgefühl der anderen Person gegenüber. Wenn du eher zur ersten Reaktion tendierst und in solchen Situationen aufbrausend wirst bedeutet das für deinen Körper, dass dieser in eine Stressreaktion gerät.
In den wenigsten Fällen ist es so, dass sich deine Wut sofort wieder auflöst, nachdem du die Person, die dich angerempelt hat, anschreist. Es wird eher darin enden, dass du weiterhin zumindest genervt durch die Straßen läufst und deine Wahrnehmung dadurch komplett durch einen Wut-Filter geprägt ist. Du fühlst dich also weiterhin gestresst, siehst nur das schlechte um dich herum und zettelst eventuell noch weitere Konflikte an.
Kein so guter Ausblick, oder?
Eine heilsame Autobahn würde hingegen zu heilsamen Karma führen, was wiederum dich glücklicher macht und auch deine Beziehungen stärkt. Aus psychologischer Sicht wäre eine heilsame Autobahn mit einer größeren Stresstoleranz – oder auch Resilienz – gleichzusetzen. Situationen werfen dich also nicht so schnell aus der Bahn und du kannst ihnen mit Gelassenheit und Leichtigkeit begegnen.
Nun siehst du also, warum es so wertvoll ist alte Gewohnheiten zu reflektieren und die Fähigkeit der Neuroplastizität zu nutzen, um ein glückliches Leben zu schaffen.

